Giesing: In der Heimat der Löwen

Mit der baldigen Fertigstellung des Parkviertel Giesing ist kaum mehr etwas vom Arbeiterviertel am Sechzger-Stadion zu spüren. Doch im Vergleich zu Obergiesing, hat das Viertel Giesing einen anderen Charakter: Vor allem im Süden ist es von viel Grün und von Einfamilien- und Reihenhäusern geprägt. Das Sechzger-Stadion gilt als Herz von Giesing. 

 

Bis 1972 das Olympiastadion eingeweiht wurde, war das „Städtische Stadion an der Grünwalder Straße“ – so der offizielle Name – das größte Münchner Stadion. Obwohl andere Vereine und gar Nationalmannschaften dort spielten, war es der Rasen des TSV 1860 München, den Münchner Löwen.

Mit dem Bau der Allianz-Arena und dem Abstieg der Löwen in die zweite Liga schien das Schicksal des Sechzger-Stadions besiegelt: Der Abriss wurde erwogen. Doch Ende 2009 beschloss die SPD-Mehrheit des Münchner Stadtrats, das Symbol des Arbeiterviertels für über zehn Millionen Euro Steuergelder als Stadion für die dritte Liga zu sanieren. 2011 wurde das 100-jährige Bestehen gefeiert – obwohl das Stadion Ende der 1950er-Jahre nach einem Entwurf des Bauhaus-Schülers Rudolf Ortner wider-errichtet wurde. Vor einem Jahr wurde das sanierte Stadion wiedereingeweiht.

Überläufer zu Bayern München von den Sechzgern

Die meisten Münchner identifizieren sich ohnehin längst mehr mit dem Erfolgsverein FC Bayern München. Dessen Ehrenpräsident Franz Beckenbauer ist in der Zugspitzstraße 8 aufgewachsen und hatte sich bereits als 13jähriger gegen den TSV 1860 entschieden, nachdem ihm ein Löwen-Spieler eine Ohrfeige verabreicht hatte. In der Säbener Straße 51 bis 57 im Bezirksteil von Untergiesing-Harlaching befindet sich der Sitz der Aktiengesellschaft FC Bayern München. Der aktuelle Knastaufenthalt des FCB-Ex-Präsidenten und Steuersünders Uli Hoeneß dürfte dem Club im Viertel eher Sympathien bringen, statt kosten.

Parkviertel Giesing fast fertig

Schließlich ist Giesing auch kein Arbeiterviertel mehr. Zumindest was die Wohnungsprojekte angeht. Unweit des   Sechzger-Stadions ist auf dem ehemaligen Agfa-Gelände unter der Leitung der Büschl Unternehmensgruppe ein neues Stadtquartier mit rund 1100 Wohnungen für mehr als 2000 Menschen entstanden. Der riesige Gebäuderiegel "Giesinger“ mit Büros und Hotel schirmt den Verkehrslärm des Mittleren Rings an der  Tegernseer Landstraße von dem dahinter liegenden Neubauquartier Parkviertel Giesing ab. Dieses wird im Norden an  der Perlacher Straße von der gegenüberliegenden Siedlung am Walchenseeplatz begrenzt.

Diese von der GEWOFAG von 1928 bis 1930 nach der Gesamtplanung von Carl Jäger errichteten Wohnanlage (Bild links) vermittelt einen eigenen Reiz einer Architektur der neuen Sachlichkeit. Die kleinsten Wohnungen weisen eine Wohnfläche von 50 Quadratmeter auf und hatten zum Teil kein eigenes Bad - eine eigene Badeanstalt und eine Zentralwaschküche in der Wohnanlage sorgte für Abhilfe. In den vergangenen Jahren hat die GEWOFAG viel investiert, um die Wohnungen den zeitgemäßen Anforderungen entsprechend anzupassen und zu sanieren.

Im Osten des neuen Quartiers liegt der Weißenseepark (Bild rechts). Auch das Parkviertel Giesing wird ab 2015 rund 50.000 Quadratmeter Grünanlagen mit zentral gelegener großer Wiese sowie einem „Aktivitätenband“ bereichert werden.

Die Neubauten errichten verschiedene Projektentwickler. Büschl zeichnet für die im Bau befindliche Wohnanlage Park Immobilien in der Spixstraße, einem an der Werner-Schlierf-Straße gelegenen, spitz zulaufenden Bau für Behörden und für einen Rewe-Laden sowie einem großen Nahversorgungszentrum mit Arztpraxen und 70 Mietwohnungen, verantwortlich. Die Wohnungen „meinraum“ in zwei Punkthäusern und in einer Wohnanlage der Weißenseestraße wurden von Wocon Immobilien für die Kölner Bauwens errichtet – sie sind längst verkauft.

Die meisten Wohnungen stammen von Demos. Der Projektentwickler hat zwei seiner drei Wohnanlagen „Neue Gärten Giesing“ in der Weißenseestraße fertiggestellt. Für die Neue Gärten Giesing III (154 Wohnungen) in der Spixstraße steht der Rohbau.  Die darin befindlichen Eigentumswohnungen sind nahezu komplett verkauft. Die Preise der noch angebotenen Wohnungen liegen bei 5000 bis 6000 Euro pro Quadratmeter. Kein Schnäppchen, das sich Arbeiter leisten können.

Genossenschaftsbauten und Mietshäuser im Norden des Viertels 

Liegt das Parkviertel Giesing, dessen Wohnungen bis Ende 2014 fertig gestellt sein sollen, bereits in Obergiesing, so wird im Bezirksteil Giesing südwestlich der Tegernseer Landstraße kaum gebaut. Im Norden herrschen Geschossbauten vor, die mit Ausnahme der 1922 bis 1924 von Emil Freymuth für die Münchner Gemeindebeamten-Baugenossenschaft am Wettersteinplatz errichteten Vierflügelanlage eher einen langweiligen Mietskasernencharakter haben.

Grüngürtel zwischen Giesing und Harlaching

Umgeben wird der Bezirksteil Giesing – vom Mittleren Ring im Norden abgesehen – von Grünzügen. Im Osten vom Weißenseepark reichen sie zum St.-Quirin-Platz mit seiner muschelförmigen gläsernen U-Bahn-Station (Bild links), erstrecken sich entlang den Sportanlagen des FC Bayern (siehe großes Bild ganz unten) an der Pfarrkirche Heilige Familie (Bild rechts) vorbei bis zum Tiroler Platz im Süden des Viertels. Auch im Westen wird der Bezirksteil von Grünanlagen entlang der Hangkante oberhalb des Auer Mühlbachs im Viertel Siebenbrunn umrandet.

Reihenhäuser und Einfamilienhäuser im Süden

Im Süden des Viertels, nahe Harlaching, befinden sich dagegen weitgehend Einfamilien- und Reihenhäuser. Entlang der Grünwalder Straße werden die dahinter liegenden Einfamilienhäuser durch Reihenhäuser vom Lärm abgeschirmt.  

Vereinzelt werden alte Häuser durch neue Einfamilienhäuser ersetzt, so etwa am Tiroler Platz und der Haselburgstraße, ohne dass diese am Markt angeboten werden. Viele Immobilien fallen an glückliche Erben. Wenige Meter davon liegen übrigens die Sportplätze der Löwen.

 

Das Viertel

Giesing ist ein Bezirksteil von Untergiesing-Harlaching, des 18. Münchner Stadtbezirks. Im Norden bildet ein Abschnitt des Mittleren Rings – etwa vom Sechzger-Stadion im Nordwesten entlang der Candidstraße und der Tegernseer Landstraße bis zum St.-Quirin-Platz – die Grenzlinie zum Bezirksteil Obergiesing im Stadtbezirk Obergiesing-Fasanengarten. Nach Osten bildet der Grüngürtel entlang Am Hohen Weg die Grenze zum Nachbarviertel Neuharlaching und entlang  des Kuntersweg bis zum Tiroler Platz zum  Nachbarviertel Harlaching. Im Westen bildet vom Tiroler Platz die Hangkante über dem Auer Mühlbach die Grenze zum Viertel Siebenbrunn bis zum Sechzger-Stadion. Unterhalb des Sechzger-Stadion liegt im Nordwesten Untergiesing.

Einwohner: Im Vergleich zum Durchschnitts-Münchner sind die Giesinger etwas älter, eher Singles und etwas mehr ausländischer Herkunft. 

 

Infrastruktur: Entlang der Grünwalder Straße fährt die Tram 25, zudem verläuft durch Giesing die U-Bahnlinie U 1 (Haltestellen: Wettersteinplatz, St.-Quirin-Platz). Das Viertel weist sehr viele Sport und Grünanlagen auf. Einzelhandel befindet sich am Wettersteinplatz. Der Tierpark Hellabrunn befindet sich südwestlich des Viertels im benachbarten Bezirksteil Siebenbrunn.

 

Immobilien:  Der Bereich um den Wettersteinplatz ist geprägt von einer Blockbebauung mit Miets- und Genossenschaftshäusern aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg,  südlich davon herrschen Reihenhäuser und schlichte Eigenheime vor. Mieten und Preise sind stark gestiegen, es wird aber nur wenig auf dem Markt angeboten.

Laut dem Mietspiegel für München 2013 des Sozialreferats der Landshauptstadt München weist der Bezirksteil Giesing durchschnittliche, gute und beste Wohnlagen auf. Durchschnittlich eingestufte Wohnlagen befinden sich im Norden des Viertels zwischen Mittlerem Ring und Tauernstraße westlich von der Grünwalder Straße (mit Ausnahme des Bereichs der Reichenhallerstraße,  das eine gute Wohnlage ist). Östlich der Grünwalder Straße verläuft das Gebiet der durchschnittlichen Wohnlage zwischen Mittleren Ring im Norden und im Süden entlang der Grödner Straße bis zur Säbener Straße und von entlang der Linie Schellenbergstraße Hochkalterstraße.

Der Bereich südlich davon ist bis zum Tiroler Platz eine gute Wohnlage. So besteht beispielsweise zwischen der Säbener Straße gegenüber den Trainingsanlagen des FC Bayern München im Osten und dem Südlichen Bereich der Grünwalder Straße ein von Reihenhäuser (Bild links oben) abgeschirmter Bereich mit Einfamilienhäusern und relativ niexdrigen Geschosswohnungsbauten der sich durch grüne Vorgärten auszeichnet. 

Das vom Tiroler Platz westlich gelegene Villenviertel (siehe Bild links) südlich der Tauernstraße und westlich der Grünwalder Straße bis zur Hangkante ist sogar eine sehr gute Wohnlage. 

 

 

 

Bilder: Aufmacherbild – Sechzger-Panorama Stehhalle von Ampfinger; sonst – Ulrich Lohrer