
Allach: Schloss des Millionenbauers und Projekte mit Industrieruinen
Allach im Norden Münchens verfügt über das Schloss des Millionenbauers Lorenz Hauser und über neue und alte Industrieanlagen. Bald steht ein neues Großprojekt an: Auf dem ehemaligen Diamalt-Werksgelände mit denkmalgeschützen Industrieruinen sollen 500 neue Wohnungen entstehen.
Die Geschichte vom Millionenbauer Lorenz Hauser (Bild rechts) und seinem im Wald verstecktem Schloss (Bild links) in Allach hört sich wie ein Märchen an. Weil der ältere Bruder Georg den Strohmair-Hof bekommen sollte, wurde der Zweitgeborene Metzgergeselle in Lenggries. Als der Vater 1885 starb, war klar, dass der 16-jährige leer ausgehen würde. Wenige Jahre später war der Hauser Lenz steinreich.
Denn 1888 starb auch sein Bruder Georg. Der 19-jährige Lorenz Hauser erbte den Hof in der Winthirstraße 6 in Neuhausen und die umliegenden Ländereien.
Als 1890 Neuhausen in München eingemeindet wurde, stiegen die Grundstückspreise wegen der Nachfrage der Projektentwickler immens an. Bauernschlau spielte der Hauser Lenz die Kaufinteressenten gegeneinander aus, verkaufte einigen Grund, behielt andere Ackerflächen spekulativ erfolgreich zurück. Mit 25 war er mehrfacher Millionär und reichster Bauer Oberbayerns.
„S’Geld muaß unter d’Leit“ – nach dieser Devise gab der Millionenbauer sein Vermögen für Rennpferde, Frauen, Weltreisen, Feste und Immobilien aus. Von 1897 bis 1999 ließ er sich auf einem fünf Hektar großen Grundstück am Würmkanal bei Allach ein „Neuschwanstein im Dachauer Moos“ errichten. Der von einem Wald umgebene Tor- und Hauptbau erinnert an den historisierenden Stil von Gerog Hauberrisser, wurde aber nach Plänen von Max Knörnschild erbaut. Das Schloss ist mit steinernen Wappenschildern, Ritterfiguren, Drachen und Medusenhäupter geschmückt. 1900 wurde es mit einer neuromanischen Kapelle sowie Stall- und Dienerschaftsgebäude mit Turm durch die Gebrüder Rank erweitert. Hauser feierte dort ausschweifende Feste, verkaufte das Schloss aber bereits 1908 mit Verlust. In der Folge wechselten häufig die Besitzer. 1955 wurde die Liegenschaft, das nach der Einquartierung der US-Army völlig heruntergekommen war, vom Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN (Bild links) erworben und dient heute als Empfangsort und Gästehaus. Die Geschäftsfelder des ersten und aktuellen Besitzers – Landwirtschaft und Industrie – prägen auch heute das Erscheinungsbild des Bezirksteils.
Wandel zum Industriegebiet
Mit der 1867 eröffneten Eisenbahnlinie München–Ingolstadt hatte sich der Osten des bereits 774 erstmals erwähnten Allach in ein Industriegebiet verwandelt. Um den alten Dorfkern bei der Kirche St. Peter und Paul (Aufmacherbild oben) vor Abgasen der Fabriken zu schützen, wurden die Bauten wegen der Windrichtung vom Westen östlich der Gleise errichtet. Dort entstanden die Hallen des 1860 gegründeten Lokomotivherstellers Krauss & Co, der 1931 mit seinem in Konkurs gegangenen Wettbewerber J.A. Maffei zu Kraus-Maffei fusionierte. Heute sind auf dem alten Firmengelände drei getrennte Unternehmen, die Kraus-Maffei im Namen tragen, angesiedelt.
Das größte Allacher Bauvorhaben der kommenden Jahre soll auf dem ehemaligen Industrieareal des Diamalt-Werks entstehen. Dieses befindet sich als einer der wenigen Industrieareale westlich der Bahnlinie – die heute auch die S-Bahnlinie S2 nach Dachau bildet. Seit 1902 entstand die Fabrik des ersten Backmittelhersteller für Hefeteige entlang der Georg-Reismüller-Straße. Nachdem Diamalt von Meistermarken übernommen wurde, wird das Werksgelände seit 1994 nicht mehr genutzt. Der Fondsinitiator Deutsche Capital Management (DCM) übernahm das 71.000 Quadratmeter große Grundstück, um dort einen Gewerbepark zu entwickeln. Doch als sich der Bebauungsplan verzögerte, sprang Baumarkt Obi 2005 als Partner ab. Die nun im Insolvenzverfahren befindliche DCM verkaufte das Gelände weiter. Der Unternehmer Matthias Mertmann aus Weil am Rhein erwarb das denkmalsgeschützte Kesselhaus (Bild oben links) und brachte dort unter anderem Büro- und Gewerberäume seiner Firma für Medizintechnik unter.
Der größte Teil des Geländes mit dem ebenfalls denkmalgeschützten, aber verfallenen Gebäude „Suppenwürze“ (Bild links und rechts), erwarb 2011 die JK Wohnbau. Das mittlerweile als Isaria firmierte Unternehmen will dort rund 500 Wohnungen errichten.
Im Juli 2015 hat die Stadt die Nutzungsänderung und die Erstellung des Bebauungsplans des Wohnprojekts am Diamalt-Areal gebilligt. Im Oktober 2014 war die Isaria noch davon ausgegangen, 2014 die Freigabe bekannt geben zu können.
In dem westlich der S-Bahnlinie gelegenen ländlich geprägten Teil von Allach werden vereinzelt neue Wohnhäuser errichtet. Mehrere Mehrfamilienhäuser entstanden an der Pasteurstraße und in der Naßlstraße. Auch in der Silberstraße stehen anstelle ehemaliger Gärtnerei-Treibhäuser Kräne (Bild links).
Obwohl der nördlich gelegene Bezirksteil Allach als ein noch relativ günstiges Münchner Wohngebiet gilt, sind die angebotenen Neubauwohnungen keine Schnäppchen. So verlangt Creativ-Haus für die in der abgelegenen Augustenfelderstraße 17 geplanten vier rund 100 Quadratmeter großen Wohnungen etwa eine halbe Million Euro.
Eine halbe Million – allerdings Reichsmark – so viel hatte der Hauser Lenz für den Bau seines Schlosses in Allach bezahlt. Er starb 1918 von seinen Exzessen geschwächt, erst 49-jährig an der spanischen Grippe. Sein Grab auf dem Neuhauser Winthirfriedhof wird von MAN-Lehrlingen gepflegt.
Das Viertel in Zahlen
Allach wurde urkundlich bereits am 30. März 774 als Ahaloh („Aha“ bedeutete Wasser, „loh“ Wald) und gehört damit zu den ältesten selbständigen Gemeinden Bayerns. Die Gemeinde blieb von kurzen zeitlichen Ausnahmen über 1160 Jahre ein eigenständiger landgerichtlicher Ort. Erst am 1. Dezember 1938 wurde Allach in die Stadt München eingemeindet.
Heute ist Allach der nördliche Teil des Bezirksteils Allach-Untermenzing, das wiederum neben dem östlich von der Bahnlinie liegenden Bezirksteil Industrie zum 23. Münchner Stadtbezirk (trägt ebenfalls die Bezeichnung Allach-Untermenzing) gehört. Der Bezirksteil bildet im Norden etwa beim A99-Autobahnring München-Nordwest die Münchner Stadtgrenze zur Gemeinde Karlsfeld. Der 23 Bezirk selbst liegt also im äußersten Nordwesten der Stadt. Im Westen befindet sich der Nachbarbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, im Süden flussabwärts der Würm grenzt Allach-Untermenzing an Obermenzing, einem Bezirksteil des 21 Münchner Stadtbezirks Pasing-Obermenzing.
Einwohner: Allach-Untermenzing hat die zweitdünnste Bevölkerungsdichte Münchens. Es dominieren Mehrpersonenhaushalte mit Kindern. Herrschten in Allach bis in die 1960er-Jahre aufgrund der Industrieareale Arbeiterhaushalte vor, so sind heute im gesamten Stadtbezirk Angestellte mit über 50 Prozent vertreten. Für die nahe Zukunft lässt die Altersverteilung eine Zunahme der Personen im Rentenalter erwarten, die allerdings durch die starke Präsenz der heute 25- bis 35-Jährigen und der unter 15-Jährigen ausgeglichen werden könnte.
Infrastruktur: Allach ist mit der Anbindung am A99-Autobahnring München-Nordwest (der im Allacher-Tunnel unter die Würm verschwindet) gut an den Autofernverkehr angebunden. Über den Allacher Bahnhof und der S-Bahn-Station Karlsfeld am Stadtrand ist der Bezirksteil an die S-Bahnlinie S2 angebunden. Beim Allacher Bahnhof an der Georg-Reissmüller-Straße befindet sich Einzelhandel (Sport Bittl, Lidl, dm). Entlang der Würm, dem Allacher Forst und der Angerloh sind viele Grün- und Erholungsgebiete.
Immobilien: Der Ortskern um die Kirche St. Peter und Paul des ehemaligen Dorfes Allach beginnt im Süden bei der Höcherstraße, geht im Norden über die Friedhofgasse hinaus und umfasst die gesamte Bebauung beiderseits der Eversbuschstraße (Bild links).
Die Ansiedlung erstreckt sich östlich und entlang zur Würm. Typisch sind die giebelständig zur Straße aufgereihten Gebäuden. Die später entstandenen Einfamilienhäuser verteilen sich großflächig um dieses Gebiet. Vereinzelt gibt es architektonisch bemerkenswerte Wohnhäuser, etwa im Norden zu Karlsfeld die Villa in der Eisolzrieder Straße 1 (Bild links), die vermutlich um 1910 nach Plänen von Otho Orlando Kurz erbaut wurde.
Zudem gibt es etwas Geschosswohnungsbau, der vor allem in den ehemaligen Werkssiedlungen (Waldkolonie und Angerloh-Siedlung von Krauss-Maffei und Gerberau von BMW) entstanden ist.
Allach zeichnet sich für Münchner Verhältnisse durch relativ günstige Preise und Mieten aus, allerdings gibt es wenig Wohnraum, dass auf dem Markt angeboten wird.
Erstellt von Ulrich Lohrer im Oktober 2014, letzte Aktualisierung Juli 2014
Bilder: Ulrich Lohrer/ immobilienreport