"Hohe Grundstueckspreise erhoehen das Risiko"

Die Bayerische Hausbau ist in München einer der aktivsten Projektentwickler. Das Unternehmen verwaltetet ein Immobilienportfolio im Wert von rund 2,1 Milliarden. "immobilienreport" sprach mit Geschäftsführer Jürgen Büllesbach über aktuelle Projekte und Pläne.

 

immobilienreport: Herr Dr. Büllesbach, die Nachfrage nach Münchner Wohnimmobilien und die Preise sind in den vergangenen zwei Jahren stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Immobilienmarktes München Angesichts einer sich abschwächenden Konjunktur ein?

Jürgen Büllesbach: Ich glaube nicht, dass das starke Wachstum der vergangenen Jahre anhalten wird. Da dies extrem war, denke ich, dass wir nun – um es in einem Kurvenverlauf zu beschreiben – einen nur noch leicht steigenden Sattel erreichen.

immobilienreport: Auch Projektentwickler zahlen heute für Grundstücke deutlich höhere Preise als noch vor zwei, drei Jahren. Bis zum Verkauf der Wohnungen vergehen aber oft mehrere Jahre. Keiner weiß, wie die Nachfrage bis dahin sein wird. Ist das Risiko aufgrund stark gestiegener Einkaufspreise für Sie dadurch nicht deutlich gestiegen?

Büllesbach: Natürlich erhöht sich das Risiko bei den permanent steigenden Grundstückspreisen. Wir haben unsere Pipeline momentan aber gut gefüllt und keinen Druck, jetzt etwas kaufen zu müssen, um nächstes Jahr wieder ein Produkt anbieten zu können und somit Vertrieb oder Struktur zu bedienen. Es ist ein gutes Gefühl, unabhängig zu sein.

immobilienreport: Verfügen Sie als familien- beziehungsweise stiftungseigenes Unternehmen gegenüber börsenabhängige Kapitalgesellschaften bei Projektentwicklungen über einen längeren Atem?

Büllesbach: Durch unsere Muttergesellschaft und indem wir Projektentwicklung und Bestandshaltung in einem Untenehmen verbinden, handeln wir oft langfristiger als andere Marktteilnehmer und können dadurch besser auf Marktzyklen reagieren. Wir sind nicht gezwungen, zu überhöhten Preisen einzukaufen, und können so auch Projekte antizyklisch vorantreiben. Beispielsweise konnten wir in der vergangenen Krise mit unserem Projekt Park Side an der Agnes-Bernauer-Straße als einer der ganz wenigen Projektentwickler 2009 ein großes Bauprojekt  realisieren. Obwohl wir keine einzige Wohnung vorverkauft hatten, konnten wir damals mit der Projektentwicklung beginnen, weil wir auf Fremdmittel nicht angewiesen waren. Der Abverkauf ging dann sehr schnell, weil wir einer der wenigen Bauträger waren, die in dieser Zeit tatsächlich gebaut haben und die Nachfrage des Kunden terminverlässlich bedienen konnten. Auch bei der Projektentwicklung bietet eine längerfristige Ausrichtung Vorteile. Wenn man Grundstücke in solchen Krisenzeiten kaufen kann oder brachliegen hat, hat man den Vorteil, ein solches Projekt ohne Zeitdruck anzugehen und mit der Stadt in Ruhe abzustimmen. Zudem sehen wir uns als Bestandshalter in der Lage, in schwierigeren Zeiten das eine oder andere Projekt „auf Vorrat“ zu halten und in unseren Bestand zu integrieren, bis sich die Marktlage gebessert hat.

immobilienreport: In der Diskussion zum Münchner Wohnungsmarkt taucht in jüngster Zeit immer wieder die Umnutzung von Büro- in Wohnimmobilien auf. Ist dieses Thema auch für Sie interessant?

Büllesbach: Ja, es gibt Grundstücke, auf denen eine Umnutzung von Bürobebauung in Wohnraum sinnvoll wäre. Zusammen mit dem Eigentümer prüfen wir dies bei dem Knorr-Bremse-Areal nördlich der Moosacher Straße. An dem Standort könnten rund 350 Wohnungen entstehen. Wir führen gerade Gespräche mit der Stadtplanung, um den Bebauungsplan (B-Plan) zu ändern und hoffen, Ende 2013 mit dem Bau hinter dem Leonardo Royal Hotel beginnen zu können.

immobilienreport: Welche Bedeutung sehen Sie für Umnutzungen generell in München?

Büllesbach: Der Ansatz bestehende B-Pläne zu hinterfragen und eventuell an eine Umnutzung anzupassen, ist absolut richtig: Erstens benötigt die Stadt Wohnungen, zweitens ist die Zeit der reinen Büroretortenstädte vorbei und schließlich ist drittens auch die Rentabilität des Wohnungsbaus für Grundstückbesitzer deutlich gestiegen. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass die Rentabilität von Wohnanlagen aufgrund der städteplanerischen Vorgaben wie Grünanteil, Kita-Einrichtungen, SoBoN und Schallschutz per se spürbar gesenkt wird.

immobilienreport: Hat die Stadt zu spät reagiert?

Büllesbach: Nein, vor drei Jahren, als die B-Pläne für Gewerbebauten beschlossen wurden, hat keiner mit solch einem starken Boom des Wohnungsmarktes gerechnet.

immobilienreport: Aber es wurden doch bereits in der Vergangenheit immer weniger Wohnungen gebaut, als es in Bedarfsberechnungen veranschlagt wurde?

Büllesbach: Ja, das ist richtig. Das lag aber nicht unbedingt an den Baugenehmigungen, da deren Zahl meist über der Zahl der Wohnungen lag, die die Antragsteller dann tatsächlich realisierten. Ich glaube aber auch, dass sich einiges in den vergangenen Jahren am Münchner Immobilienmarkt fundamental geändert hat, und dies wurde nicht nur durch die stark gestiegene Wohnungsnachfrage ausgelöst.

immobilienreport: Was meinen Sie?

Büllesbach: Der Rückgang der Nachfrage nach Büroimmobilien im Verhältnis zu Wohnimmobilien hat auch andere Gründe. Eine Veränderung der Arbeitswelten spielt eine wichtige Rolle: etwa die zunehmende Bedeutung von Heimarbeitsplätzen, die Zunahme von Geschäftsreisen, so dass letztlich die Unternehmen weniger Büroflächen benötigen. Die Entwicklung von Lösungsmodellen, die beschreiben, wie dieser Veränderung in der Arbeitswelt zu begegnen ist, ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Der Stadt kann man da keinen Vorwurf machen, zu spät reagiert zu haben. Man reagiert in München eher recht zügig auf die veränderte Situation.

immobilienreport: Für Sie als Projektentwickler ist abzusehen, dass auch die Konversionsflächen wie Kasernen, Industrieanlagen und Bahnflächen bald zugebaut sind und freie Grundstücke für Wohnungen ausgehen. Welche Möglichkeiten gibt es angesichts der engen Stadtgrenzen Münchens für die zunehmende Einwohnerzahl Wohnraum zu schaffen?

Büllesbach: Ja, es stimmt, dass diese Flächen bald ausgeschöpft sind, wenn auch darauf in den nächsten Jahren noch zunehmend Wohnraum entsteht. Wir können über Nachverdichtung einiges an Angebot schaffen. Ein Beispiel dafür sind die zwei Randbebauungen, die am Mittleren Ring beim Michaelibad entstanden sind. Es gibt auch viele Dachbereiche in München, die man noch besser – etwa durch behutsame Aufstockung – nutzen kann. Ich schätze, dass sich mit zusätzlicher Verdichtung etwa 20 Prozent des Bedarfs abdecken lässt. Dieser Spielraum sollte genutzt werden.

immobilienreport: Immer wieder wird auch von den Münchner Umlandgemeinden gefordert, mehr Bauland für Wohnungen auszuweisen. Wie beurteilen Sie die Chancen?

Büllesbach: Das Umland sollte tatsächlich stärker in die Pflicht genommen werden, da die Gemeinden dort auch von Münchens Infrastruktur wie dem S-Bahnnetz profitieren. Die Gemeinden sind aber oftmals nicht bereit, zusätzlich Flächen für Wohnbebauung bereitzustellen. Sie haben auch wenig Anreiz, zusätzlich Bauplätze die mit Kosten für Infrastruktureinrichtungen und Schulen verbunden sind, auszuweisen. Eine schnelle Lösung ist nicht zu erwarten. Es spricht daher vieles dafür, dass Wohnraum langfristig knapp und die Preise in München hoch bleiben werden.

immobilienreport: Zu Ihren Projekten in München: Die  im Bau befindlichen WelfenHöfe sind bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Müssen Projektentwickler von Wohnimmobilien mit relativ hohen Preisen in urbanen Umfeld besonders auf „gute Architektur “ achten?

Büllesbach: Zunächst: Die WelfenHöfen fallen nicht pauschal in die Kategorie „hochpreisig“: Hier entstehen – auch unter Berücksichtigung des München Modells Wohnungen für eine Vielzahl von Menschen mit unterschiedlich gefüllten Portemonnaies. Wir haben bei allen unseren Projektentwicklungen einen hohen architektonischen Anspruch,,unabhängig davon, ob wir in einem urbanen Umfeld, oder ob wir eher am Rand einer Stadt bauen. Jede Lage benötigt eine bestimmte, auf das jeweilige Umfeld angepasste Architektur. Dies gilt selbstverständlich auch für Immobilien, die nicht zum  gehobenen Segment zählen. Wir haben bei jeder Projektentwicklung das Interesse, die passende Architektur zu finden. Das muss nicht immer durch einen Wettbewerb geschehen. Für die WelfenHöfe haben wir beispielsweise zusammen mit dem Stadtplanungsreferat ein ausgewähltes Team von Architekten das Quartier entwerfen lassen. Vorgabe war, das zu bebauende Areal an der bestehenden Bebauung auszurichten, natürlich interpretiert in der Architektursprache des 21. Jahrhunderts. Die lange Fassade des Gebäudekomplexes sollte nicht ein einziger Architekt entwerfen, sondern wir wollten eine aufgelockerte, von unterschiedlichen Stilen bestimmte Gestaltung. Dennoch soll das Quartier, einem Motto entsprechend, als eine zusammengehörende Bebauung wahrgenommen werden. Ein Gestaltungselement war dabei das „Relief der Stadt“, das die Architekten in unterschiedlicher Tiefe interpretierten. Das verbindende Element der Bauabschnitte ist der facettenreiche silberne, graue oder weiße Grundfarbton, der sich zwar an die Umgebung anlehnt, aber deutlich zum Ausdruck bringt, dass die WelfenHöfe ein Gebäudeensemble der heutigen Zeit sind.

immobilienreport: Spielt die Architektur für die Käufer überhaupt eine Rolle?

Büllesbach: Ich meine, dass bei der Kaufentscheidung die Architektur nicht an erster Stelle steht. Je länger die Menschen aber in einem Gebäude wohnen, umso eher nehmen sie die Architektur wahr. Etwa, weil sie von Besuchern ein entsprechendes Feedback erhalten. Architektur spielt aber auch eine Rolle für die Werthaltigkeit einer Immobilie. Wir planen die Projekte so, als ob wir sie im Bestand halten wollten, und achten deshalb schon beim Entwurf auf Nachhaltigkeit.

immobilienreport: Eines Ihres größten Projekte der kommenden Jahre ist die geplante Wohnanlage in der Hochäckerstraße in Perlach. Wie sieht dort der Zeitplan aus?

Büllesbach: Im Rahmen des Bebauungsplan-Verfahrens haben wir die Abstimmung mit der Stadt abgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass wir im Verlauf des Sommers, eher nach der Sitzungspause, den Billigungsbeschluss bekommen werden. Wir streben an, dass der Bebauungsplan spätestens Anfang 2013 Rechtskraft erlangt. Im Laufe des nächsten Jahres könnten wir dann mit dem Bauen beginnen.

immobilienreport: Sie werden die Anlage in mehreren Abschnitten durchführen?

Büllesbach: Ja, das wird in verschiedenen Etappen stattfinden, da in der Summe immerhin etwa 1000 Wohnungen errichtet werden. Es wird für die nächste Zeit das größte Projekt im Südosten der Stadt sein. Beim zeitlichen Ablauf der einzelnen Bauabschnitte werden wir uns an der Marktsituation orientieren. Aktuell gehen wir davon aus, dass wir unseren Teil des Projektes in etwa fünf Jahren realisieren. Ein weiterer Teil des Quartiers wird von einem städtischen Wohnungsbauunternehmen errichtet.

immobilienreport: Erwarten Sie mit dem Projekt eine Aufwertung des Viertels Perlach im Münchner Osten oder zielt das Angebot auf eine breitere Käuferschicht, die für Münchner Verhältnisse noch günstigen Wohnraum sucht?

Büllesbach: Das Quartier wird sicher nicht im Hochpreis-Segment angesiedelt sein, aber eine qualitativ hochwertige Anlage sein. Für Familien ist das Quartier, das sich in fast ländlicher Umgebung befinden wird, ideal.. Auch für Paare, die etwa mit der Autobahn eine schnelle Anbindung in die Berge haben wollen, bietet die Lage einen Vorteil. Wir sehen eine nach Haushaltsgröße gemischte Nutzung mit einem höheren Familienanteil als etwa bei einer Quartiersentwicklung in der Innenstadt vor.

immobilienreport: Erst kürzlich haben Sie angekündigt, das zur Schörghuber Unternehmensgruppe gehörende Gelände der Paulaner Brauerei in der Au als Quartier entwickeln zu wollen. Bis dahin wird wohl noch einige Zeit vergehen?

Büllesbach: Diese Objekte werden sicher nicht vor 2017 auf den Markt kommen. Die Verlagerung der Brauerei in etwa fünf Jahren setzt voraus, dass die neue Brauerei bis dahin fertig gestellt worden ist. Erst dann wird das Gelände in der Au zur Entwicklung frei und kann anschließend in den Vertrieb gehen.

immobilienreport: Als Projektentwickler haben Sie ein Interesse daran, solche Objekte zu möglichst guten Preisen zu verkaufen und entsprechend zu gestalten. Auf der anderen Seite gibt es die Alteinwohner der umliegenden Immobilien, die eine Gentrifizierung, eine Verdrängung durch zahlungskräftigere Klientel, befürchten. Wie gehen Sie mit diesem Konflikt um?

Büllesbach: Die Sorge vor einem Luxusquartier ist unbegründet. Allein schon die Vorgaben der Stadt sorgen dafür, dass hier die übliche Münchner Mischung entsteht. Wenn wir ein solches Areal erschließen, versuchen wir natürlich auf die Anliegen der Betroffenen, insbesondere der Anwohner, einzugehen. Wir setzen auf eine transparente Planung und Beteiligung der Bevölkerung.

immobilienreport: Die Wohnungen die Sie dort erstellen, werden aber für viele Münchner unerschwinglich sein.

Büllesbach: Wir planen Wohnungen in unterschiedlichen Preiskategorien, darunter auch öffentlich geförderte Wohnungen. Dreißig Prozent des neu geschaffenen Baurechts für Wohnen ist bei diesem Quartier für Menschen mit kleinerem und mittlerem Einkommen nach den Maßgaben der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) vorge­sehen.

immobilienreport: Kritiker werfen Ihnen jedoch vor, durch das Projekt eine Gentrifizierung zu Lasten der Alteinwohner zu bewirken.

Büllesbach: Wir wandeln ein bisher ausschließlich gewerblich genutztes Gebiet in ein Wohngebiet um. Es ist doch Nonsens zu glauben, die alteingesessene Bevölkerung würde deshalb das Viertel verlassen.

immobilienreport: Die Entwicklung strahlt aber doch sicherlich auch auf die Umgebung ab, was zu höheren Preisen und Mieten führen kann.

Büllesbach:  Wir planen an diesem Standort Wohnen in unterschiedlichen Preisklassen. Und noch ein Aspekt ist wichtig: Würden wir auf dem bislang industriell genutzten Areal keine Wohnungen bauen, wäre das Angebot in München entsprechend knapper. Je weniger die große Nachfrage bedient wird, desto eher führt dies zu Preis- und Mietsteigerungen. Die Ängste betreffen aber meiner Ansicht nach die Veränderung an sich. Diese – ob im Beruf oder in anderen Bereichen – mögen wir Menschen meist nicht. Aber wenn es nie Veränderungen gegeben hätte, würde die Au und Haidhausen auch nicht so aussehen wie heute. Man sollte jedoch auf die Ängste eingehen und die Beteiligung der Bevölkerung als wichtigen Teil einer Projektentwicklung begreifen.

immobilienreport: In welcher Mischung soll das Areal genutzt werden?

Büllesbach: Die Stadt und wir als Bauträger wollen den Schwerpunkt auf Wohnen legen. Es wird allerdings für ein Quartier dieser Größenordnung eine gewisse Infrastruktur an Einkaufsmöglichkeiten, ärztlicher Versorgung und Kitasgeben. Wohnen wird jedoch im Gegensatz zu Gewerbe dringender benötigt Würden wir beispielsweise 40 Prozent gewerblich genutzte Immobilien errichten, würde sich die Frage stellen, wer diese bei dem relativ hohen Leerstand an Büroimmobilien benötigen würde?

immobilienreport: Sie planen in Mittersendling den Bau einer Wohnanlage mit 80 Eigentumswohnungen im gehobenen Standard. Was ist dort der aktuelle Stand?

Büllesbach: In der Höltystraße wollen wir noch dieses Jahr mit dem Abbruch der bestehenden Gebäude beginnen und im darauffolgenden Jahr den Bau starten. Mit der Fertigstellung ist dann 2014 zu rechnen.

immobilienreport: Erwarten Sie durch den Bau des Tunnels am Luise-Kieselbach-Platz eine Aufwertung des Viertels?

Büllesbach: Nein, wir haben das Grundstück in der Höltystraße bereits sehr früh erworben und hatten uns damals noch keine Gedanken darüber gemacht, wie sich der Tunnelbau auf die Umgebung auswirken könnte. Es ist eher ein Projekt, mit dem wir im Westen Münchens unsere Präsenz stärken wollen. Der Tunnel ist aber schon etwas weiter von unserem Entwicklungsareal entfernt. Im unmittelbaren Bereich des Tunnels ist jedoch durchaus mit einer Aufwertung zu rechnen. Dies hat man bereits an vergleichbaren Projekten, etwa dem Richard-Strauss-Tunnel, gesehen.

immobilienreport: Die Bayerische Hausbau ist nicht nur in München mit Großprojekten aktiv. Zusammen mit der ECE und der Strabag planen Sie in Stuttgarts neuem Europaviertel das gemischtgenutzte Quartier MILANEO. Befürchten Sie nach der Erfahrung mit Stuttgart21 Widerstand?

Büllesbach: Nein. MILANEO ist ein Projekt, das unabhängig von Stuttgart21 realisiert wird. Uns war bewusst, dass wir mit MILANEO eine ganz neue Art von urbaner Bebauung schaffen können, die die Mischung verschiedener Nutzungsarten und das Thema Nachhaltigkeit neu interpretiert. So sind die Nutzungsformen unmittelbar miteinander verbunden und völlig anders als üblich angeordnet.  Die ECE kam als Projektinitiator damals auf uns zu, um einen erfahrenen Partner im Bereich der Entwicklung von Wohnimmobilien dabei zu haben. Ich glaube, es entsteht daraus etwas, das in punkto Quartiersentwicklung Maßstäbe setzen kann.

immobilienreport: Mit dem MILANEO entsteht auf einer Brache ein relativ stark verdichtetes Viertel mit urbanem Charakter, in das Sie hohe Summen investieren. Wie lassen sich Akzeptanzrisiken minimieren?

Büllesbach: Aus Sicht des „Exit“ halte ich das Risiko für sehr gering: Wir befinden uns in zentraler Lage, in Stuttgart besteht eine starke Nachfrage nach Wohnungen und wir bieten Mietwohnungen an. Wir haben mit der Stadt Stuttgart auch einen sehr professionellen Partner. Dies hat sich etwa bei der Einhaltung des engen Zeitplans der Bauchrechtschaffung gezeigt. Da können wir nur ein Kompliment weitergeben. Auch ist der Siegerentwurf von RKW Rhode Kellermann Wawrowsky Architektur+ Städtebau aus dem Architektenwettbewerb ideal. Von den neun eingereichten Entwürfen setzte dieser als einziger auf eine aufgelöste Bebauung, während alle anderen geschlossene Wohnkarrees vorsahen. Die Lösung von RKW hat etwas spielerisches. Die drei Baukörper sind durch transparente Brücken miteinander verbunden und schaffen durch Oberlichter eine helle Atmosphäre im Shoppingbereich. Das Wohnen spielt sich über den Einzelhandelsflächen ab. Die Bewohner haben für sich auf den Dächern einen vor Lärm geschützten grünen Bereich.

immobilienreport: Wie viele Wohnungen werden Sie erstellen?

Büllesbach: Geplant sind 417 Wohnungen.

immobilienreport: In welcher Mietspanne werden Sie diese anbieten?

Büllesbach: Diese werden dem üblichen Mietpreis der Stuttgarter Stadtlage entsprechen und sie werden – soweit wir das heute, drei Jahre vor Fertigstellung beurteilen können – voraussichtlich zwischen 10 und 15 Euro pro m² liegen.

immobilienreport: In Hamburg errichten Sie mit der Parkside Lokstedt eine große Wohnanlage. Was ist der aktuelle Stand?

Büllesbach: Das Projekt befindet sich an der Grenze von Lokstedt zu Eppendorf. Es wird im Abverkauf sehr gut angenommen. Im ersten Abschnitt haben wir 70 Wohnungen im Verkauf gehabt und davon etwa 50 Wohnungen bereits rund ein Jahr vor Fertigstellung verkauft. Ende 2011 haben wir den zweiten Bauabschnitt zum Verkauf vorbereitet. Die Preise der Eigentumswohnungen liegen um die 4000 Euro pro Quadratmeter.

immobilienreport:  Wen peilen Sie als Zielgruppe der Käufer an?

Büllesbach: Das Angebot reicht von der 2- bis zur 5-Zimmer-Wohnung und richtet sich an Paare und Familien.

immobilienreport: Sie sind auch in Berlin tätig. Wie unterscheidet sich der Markt von München?

Büllesbach: Die Preise sind – bis auf ganz wenige Exklusivlagen – deutlich niedriger und als Projektentwickler ist es augrund der Vielzahl an bebaubaren Flächen noch leichter möglich, an Projekte zu gelangen. Man merkt aber auch, dass die Wohnungsnachfrage in bestimmten Bereichen Berlins angezogen hat. In guten Lagen lässt sich Individuelles und Außergewöhnliches realisieren, im Massenbereich gehen Sie aber als Entwickler leicht unter. Dies ist völlig anders als in München. 

immobilienreport: Herr Büllesbach, Danke für das Gespräch!

 

Bilder: Porträts Dr. Jürgen Büllesbach, Animation WelfenHöfe - Bayerische Hausbau