Garching: Das Hochschul- und Forschungszentrum

Im Nordosten Garchings befindet sich der Ortsteil Hochschul- und Forschungszentrum mit etwa 13000 Studenten und 6000 Angestellte  der universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Keimzelle dieses Geländes bildeten 1957 der erste deutsche Forschungsreaktor.

 

Am 31. Oktober 1957 nahm der von Gerhard Weber und Wolfgang Ende entworfene Forschungsreaktor München (FRM) in Garching nördlich von München den Betrieb auf. In der Kernenergie sah Konrad Adenauers Regierung die Zukunft für Deutschlands Energieversorgung. Vor allem Adenauers Minister Franz Josef Strauß (CSU) forcierte den Ausbau der Atomenergie. Es sei eine „Tragödie der Menschheitsgeschichte“, dass die Masse der Bürger „im Atom“ seine zerstörerische Kraft sähe, statt sein Potenzial „zu heilen und zu helfen“ erkennen würde, so der bereits schon damals mächtige CSU-Politiker. Die Kernenergie sollte erforscht und für zivile Zwecke eingesetzt werden – bis 1970 sollten die ersten Kernkraftwerke Strom produzieren. FJS war es auch, der den Atomphysiker Werner Heisenberg an das Max-Planck-Instituts für Physik nach München holte.

Heisenberg setzte sich stark für die zivile Kernforschung und den Reaktorbau ein, lehnte aber eine militärische Nutzung für die Bundesrepublik ab, obwohl er zwischen 1942 bis 1945 führend an Uranprojekt des Heereswaffenamtes zum Bau einer Atombombe im Dritten Reich beteiligt war. Gemeinden und Hochschulen der jungen Bundesrepublik rissen sich geradezu darum, dass ein Reaktor bei ihnen gebaut würde. Doch aus Sicherheitsgründen wurde das Atom-Forschungszentrum in Karlsruhe und nicht in München, wie es Heisenberg wünschte, angesiedelt. Als Trostpflaster erhielt der Nobelpreisträger 1956 von der bayerischen Staatsregierung den Forschungsreaktor in Garching genehmigt.

Der auch „Atomei“ (großes Bild oben) bezeichnete Reaktor wurde zum Ausgangspunkt einer Entwicklung, die das Bauerndorf Garching in ein High-Tech-Standort verwandelte. Am 28. Juli 2000 wurde der Forschungsreaktor München (FRM) abgeschaltet. Der aluminiumverkleidete Kuppelbau steht nun unter Denkmalschutz. Nachfolger ist die Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz, die seit 2004 im Betrieb ist.

Wachstum durch Verlegung wichtiger Fakultäten der TUM

Seit den 1960er-Jahren wurde das Forschungszentrum durch die Verlegung der Technischen Universität München (TUM) nach Garching zum Hochschulgelände ausgebaut (siehe Plan unten). Hier befinden sich die TUM-Fakultäten für für Maschinenbau (Bild oben links:  weißer Rundbau, rechts im Hintergrund das Institut for Advanced Study von Fritsch+Tschaidse) , Mathematik, Informatik (Bild links, links im Hintergrund: Fakultät Mathematik, Informatik,  vorne: Interimshörsaal von Deubzer König + Rimmel), Chemie, Physik und das Institut für Medizintechnik. Vor wenigen Jahren wurde das bunte Exzellenzzentrum der TUM (Bild links unten) zwischen dem Institut für Maschinenwesen und dem Institute for Advanced Study errichtet. Auch befinden sich hier die Lehrstühle der Sektion Physik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Und TUM und LUM betreiben zusammen ein Beschleunigerlaboratorium.   

Bedeutende Hochschulinstitute und Anstalten

Zudem sind hier die Max-Planck-Institute für Astrophysik, für Extraterrestrische Physik, für Plasmaphysik sowie für Quantenoptik angesiedelt.

Im Südosten des Areals befindet sich der Hauptsitz der Europäische Südsternwarte (ESO), eine von den Architekten Fehling+Gogel in den 1980er-Jahren entworfene Komposition aus kreisrunden Gebäudesegmenten. Ende 2013 wurde der vielfach prämierte ESO-Erweiterungsbau durch Auer + Weber Architekten errichtet. Im April 2018 wurde zudem daneben das Planetarium „ESO Supernova“ (Bernhard + Partner Architekten), eine Schenkung der Klaus Tschira Stiftung, eröffnet. 

Weitere Institute, Gesellschaften und Foschungseinrichtungen sind unter anderem: Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), das Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec), das Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung (WMI) und das Walter-Schottky-Institut (WSI) für Halbleiterphysik.

Im Mai 2006 wurde auch der Umzug des Leibniz-Rechenzentrums von der Innenstadt Münchens nach Garching abgeschlossen. Dort ist in einem technologisch einzigartig innovativen Technikgebäude (siehe Bild links: Gebäude links, rechts: Fakultät für Mathematik an der TUM) mit Hochleistungsklimatisierung eines der weltweit leistungsfähigsten Rechenzentren inklusive der Netzinfrastruktur für den Hochschulstandort München installiert. Der Entwurf stammt von dem Münchner Architekturbüro Herzog + Partner.

Am südlichen Rand des Forschungsgeländes steht die Speicherbibliothek der Bayerischen Staatsbibliothek. Da am Ort des Stammgebäudes, in der Ludwigstraße in München, kein Platz dafür war, wurde sie 1988, nach zweijähriger Bauzeit, bezogen (siehe Bild links unten). Die Speicherbibliothek wurde später durch einen weiteren Bau erweitert. Zudem bestehen Pläne für einen weiteren Ausbau. 

Neue Mitte „Galileo“

Unmittelbar östlich des U-Bahnhofes entsteht mit der Neue Mitte Galileo das neue Herzstück des Forschungscampus. Im Mittelpunkt wird das neue Audimax der TU mit etwa 1.700 Plätzen, weiteren Hörsälen und Tutorienräumen stehen. Neben Vorlesungen werden hier auch Tagungen und Kongresse und Konzerte stattfinden. Großzügige Foyers sollen als Ausstellungsfläche dienen. Kongressteilnehmer und Gastwissenschaftler können im Hotel wohnen, das als Kongresshotel weitere Besucher nach Garching ziehen wird. Wer länger bleibt, wohnt im angegliederten Boardinghouse.
Forschungsnahe Unternehmen und Institutionen ziehen in hochwertige Büroflächen. Für das leibliche Wohl sorgen ein Restaurant, Cafe-Konditorei und Metzgerei-Imbiss. Friseur, Bank, Copy-Shop und kleine Läden ergänzen die Versorgung des Campus. Ein Fitness-Center und ein Studentenwohnheim vervollständigen das neue Ensemble der Neuen Mitte Garching.

2007/2008 wurde ein europaweiter Investorenwettbewerb durchgeführt, den eine Bietergemeinschaft aus mehreren mittelständischen bayerischen Unternehmen gewann - das erste PPP-Projekt (Public Private Partnership ist die Mobilisierung privaten Kapitals und Fachwissens zur Erfüllung staatlicher Aufgaben) an bayerischen Hochschulen. Im August 2011 wurden die prämierten Entwürfe des Architektenwettbewerbs im TU Exzellenzzentrum auf dem Campus vorgestellt.

In einem Architektenwettbewerb mit anschließendem Auswahlverfahren setzte sich der Preisträger Nickel & Partner Architekten AG durch, ihr Entwurf (siehe Visualisierung links) soll nun umgesetzt werden. Im Oktober 2014 wurde endlich die Baugenehmigung erteilt. Das Baubudget beträgt 160 Millionen Euro. Ziel ist es, das Galileo Anfang 2019 bezugsbereit ist. Anfang März 2015 lag der Vorvermietungsstand bei 75 Prozent.

 

General Electric und Gate im Norden

Am 28. Juni 2004 eröffnete der amerikanische Technologiekonzern General Electric sein europäisches Forschungszentrum in Garching. GE Global Research Europe ist eines von weltweit fünf GE Forschungszentren. Es hat sich seit 2004 in Garching vor allem auf die Themen Umwelttechnologie und alternative Energiesysteme sowie Sensorik, Faserverbundwerkstoffe und bildgebende Diagnostik für die Medizin spezialisiert.

Zudem befindet sich dort das Gründerzentrum GATE. Das Garchinger Technologie- und Gründerzentrum bietet jungen High-Tech-Unternehmen gute Bedingungen für einen erfolgreichen Start. Das Bürogebäude mit Versuchs- und Prüfhalle steht in unmittelbarer Nähe zur Technischen Universität München (TUM) und zu renommierten Forschungsinstituten.

Geplanter künftiger Ausbau des Forschungszentrums

 

Das Forschungszentrum Garching wird in Zukunft weiter kräftig ausgebaut. Aufgrund des Masterplans "Science City Garching" der KCAP Architects & Planners erfolgt die Erweiterung vor allem im Westen des Forschungsstadtteils. Zu den großen Bauprojekten der kommenden Jahren zählt die Errichtung der auf 253 Millionen Euro Baukosten vernaschlagten Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik (EI). Der Bau des ersten Bauabschnitts des EI nach einem Entwurf von Henn soll ab 2018 gestartet werden.

Weitere Informationen:

KCAP: Masterplan Science City Garching

Bilder: Visualisierung und Karte – GALILEO; sonst Fotografien von Ulrich Lohrer