Die Visionen des Helmut Jahn

Eine eindrucksvolle Ausstellung des Neuen Museums in Nürnberg zeigt das Gesamtwerk eines der berühmtesten Söhne der Stadt. Bilder von Flughäfen, Wolkenkratzer und riesige öffentliche Räume des Münchner Fotografen Rainer Viertlböck und Handskizzen des Chicagoer Architekturstars dokumentieren das internationale Schaffen Helmut Jahns.

 

Das Neue Museum Nürnberg zeigt erstmalig in Form von Fotografien, Plänen und Skizzen das Gesamtwerk des 1940 in Nürnberg geborenen Architekten. Bereits 1966 ging Helmut Jahn in die Architektur-Metropole Chicago, wurde Partner und bald Inhaber des legendären Chicagoer Architekturbüros C. F. Murphy Associates, das heute unter dem Namen heute Murphy/Jahn firmiert. 

 

Seine Ausbildung zum Architekten erwarb Jahn durch sein Studium an der  Technischen Universität München, durch erste Arbeiten bei dem Architekten Peter C. von Seidlein und durch ein – abgebrochenes Postgraduiertenstudium am Illinois Institute of Technology in Chicago. Stark beeinflusst wurde er in Chicago durch Ludwig Mies van der Rohe. Später wurde er das achte Mitglied der Architektenvereinigung „Chicago Seven“.  Helmut Jahn ist mit einer Amerikanerin verheiratet und Vater eines Sohnes, der die deutsche und die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt. Jahn hat Wohnsitze in Chicago, New York und Berlin. 

Zu Jahns ersten Schlüsselwerken gehören das James R. Thompson Center (JRTC) und der Flughafen Ohare Airport (Bild oben rechts) der Stadt am Michigansee.

Das JRTC befindet sich in Chicago und beherbergt Büros des Staates Illinois. Es wurde 1985 eröffnet und zu Ehren des ehemaligen Gouverneur des amerikanischen Bundesstaates, James Thompson, benannt. Das Gebäude nimmt das Ausmaß einen großen Gebäudeblocks ein. Die Attribute der Architekturkritiker für das JRTC reichen von „abscheulich“ bis „wundervoll“. Die Farbe der Straßenebene wurde mit Tomatensuppe verglichen. Das 17 geschossige Gebäude mit gläserner Außenhaut (siehe Bild links) verrät nicht die Nutzung und wird als Verwirklichung der reinen Postmoderne angesehen. Innerhalb des Gebäudes (siehe Bild rechts) können die Besucher im Atrium die 17 übereinandergeschichteten Stockwerke der Verwaltungsbüros erkennen. Die Konstruktion wird als Versinnbildlichung einer transparenten öffentlichen Verwaltung gesehen.

 

Ab den 1980er-Jahren trat Jahn mit seinen Entwürfen zunehmend international auf, so errichtete er mit dem Messeturm in Frankfurt den wohl elegantesten Wolkenkratzer der Mainmetropole. Architektonisch hebt sich seine Form besonders hervor. Wie ein Bleistift ragt er in den Himmel, weshalb er von den Bewohnern Frankfurts auch so genannt wird. Jahn orientierte sich bei der Gestaltung an den Art-Wolkenkratzern wie dem Chrysler Buildinng oder Empire-State-Building in New York der 1930er Jahre, sowie an den umstrittenen Entwurf zum Campanile aus dem Jahr 1983 von Hans Robert Hiegel. Die Fassade besteht aus poliertem roten Granit. In den Formen des Art Déco und mit den Mitteln der Technik soll der Turm für Wohlstand, Innovationsgeist und Kreativität stehen. Deutlich zu erkennen ist die klassische Aufteilung in Sockel, Turmschaft und Spitze. Aus dem quadratischen Sockel wächst der Turmschaft mit zunächst quadratischem Grundriss, dann mit eingezogenen Ecken. Der Zylinder des oberen Turmbereichs geht in die dreigeschossige Pyramide der Turmspitze über. 

Zu Helmut Jahns Bauten in München zählen die Highlight Towers (siehe Bild unten rechts) und das m.pire in der Parkstadt Schwabing sowie das Munich Airport Center und Kempinski Hotel am Münchner Flughafen.

 

Die Ausstellung dokumentiert die Entstehungsgeschichten am Beispiel des Sony Centers in Berlin und die Entwicklung des futuristischen Großflughafens in Bangkok (Aufmachbild oben), eine Liaison aus Ingenieur- und Baukunst, ebenso wie die Projektierung von Idealstädten, Shoppingzentren oder die Entwicklung von heutigen »mega big buildings«. Leitmotive bilden der klassische Campanile, die Stadt in der Stadt oder die publikumsnahen Flughafenzentren. Zudem wird auf die spektakulären Neubauprojekte, wie den Veer Towers in Las Vegas (Bild unten rechts), der Joe und Rika Mansueto Bibliothek der Universität Illinois in Chicago und dem Leatop Plaza in Guangshou in China eingegangen.

 

Dennoch behält die Ausstellung immer auch den authentischen und persönlichen Nahblick bei: alle Entwürfe zeichnet Helmut Jahn auf Papierblöcke, nicht größer als 21 x 21 Zentimeter (siehe Bild links). Aus den 100.000 archivierten Blättern wird ein fokussierter Überblick zusammen mit den meist in Plexiglas gefertigten Arbeitsmodellen gezeigt. Neben den über 100 gebauten Werken spiegelt die Ausstellung auch die Visionen des Ungebauten und Zukünftigen.

Seit mehr als 6 Jahren hat Helmut Jahn den Münchner Fotografen Rainer Viertlböck sein Gesamtwerk fotografieren lassen. Die Fotografien als monumentale Skyline bilden den Rahmen für die gezeichneten und in Handmodellen entwickelten Architekturwelten. Mit der umfassenden Darstellung seines Gesamtwerkes kehrt der Architekt nach 46 Jahren in seine Geburtsstadt Nürnberg zurück.

 

Neues Museum Nürnberg

Helmut Jahn - Process Progress

Bis 24. Februar 2013

Aufgrund des außerordentlichen Interesses bieten wir Ihnen an den letzten drei Wochenenden im Februar verlängerte Öffnungszeiten an: Ab Freitag, 8. Februar 2013 bis zum Ausstellungsende haben wir freitags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Neben dem regulären Führungsangebot wird es dann auch Zusatzführungen durch die Ausstellung geben.

Weitere Informationen:

Neues Museum Nürnberg: Helmut Jahrn – Process Progress