David Chipperfield: Kosmopolitischer Museumsbaumeister

In Deutschland hat der Brite David Chipperfield durch seinen Masterplan der Neugestaltung der Berliner Museumsinsel sowie durch das Literaturmuseum in Marbach und dem Folkwang Museums in Essen Bekanntheit erlangt. Das Spektrum des Engländers ist jedoch bezogen auf Regionen und Nutzung der Bauwerke deutlich breiter. 

 

Das 1984 in London gegründete Architekturbüro David Chipperfield Architects unterhält heute Büros in London, Berlin (rund 90 Mitarbeiter) und Mailand sowie eine Repräsentanz in Shanghai.

Leben

David Chipperfield ist der Sohn des Polsterer und Farmers Alan John Chipperfield und Peggy Chipperfield, geb. Singleton. Er wuchs auf einem Bauernhof in der Grafschaft Devon auf. Als sein Vater einen weiteren Hof sowie einige andere Gebäude hinzugekauft hatte und sie in Ferienwohnungen umbaute, half er ihm bei der Planung. Da er sich gut darin bewährt hatte, konnte er ein Architekturstudium am Kingston Technical Institute in London beginnen. Anschließend wechselte er an die Architectural Association in London. Nach seinem Studienabschluss 1977 arbeitete er bei Douglas Stephen und anschließend im gemeinsamen Büro von Richard Rogers und Norman Foster. Danach lebte Chipperfield vier Jahre in Japan.  Seit 1984 ist er selbständig und gründete das Architekturbüro David Chipperfield Architects.

Chipperfield ist mit der Argentinierin Evelyn Stern aus Köln verheiratet, hat mit ihr drei erwachsene Kinder sowie einen Sohn aus einer vorherigen Ehe und lebt in Marylebone, London, London. Im Sommer lebt Chipperfield in seinem von ihm geplanten Haus in der Nähe an der Westküste Galiciens in Spanien.

Chipperfield der Museumsbaumeister

Chipperfields erster realisierte Museumsbau war das preisgekrönte River and Rowing Museum in Henley-on-Thames mit grüner Eichen-Fassade, Beton und Glas.  1997 beauftragte die Stiftung Preußischer den Architekten David Chipperfield mit der Erarbeitung eines Masterplans für die Berliner Museumsinsel und dem Wiederaufbau des Neuen Museums (Bild oben, unten links). Seit 2006 arbeitet er auch an der Durchgestaltung des von ihm entworfenen Eingangs- und Verteilergebäudes der Museumsinsel, der sogenannten James-Simon-Galerie.

Chipperfield war der einzige britische Architekt, der mit seinem Entwurf in die engere Wahl für den Erweiterungsbau des Londoner Museums Tate Modern kam, die dann aber letzlich nach einem Entwurf  des Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron realisiert wurde. Er entwarf das Figge Art Museum in Davenport. In Marbach am Neckar hat er im Januar 2006 das von ihm entworfene Literaturmuseum der Moderne als Bestandteil des Deutschen Literaturarchivs Marbach übergeben. 2007 erhielt er den Zuschlag zur Realisierung seines preisgekrönten Entwurfs für den Neubau des Museum Folkwang in Essen, welches im Jahre 2010 fertiggestellt und eröffnet wurde. 2011 öffnete das Turner Contemporary am Seeort Margate in Großbritannien die Tore und 2013 wurde das von ihm entworfene Museo Jumex, Mexico City, Mexiko fertig gestellt.

Konsumtempel, Wohn- und Büropaläste und ein Friedhof

Chipperfield bedauerte es, lediglich auf einen künstlerisch arbeitenden „Museumsarchitekten“ festgelegt zu werden. „Aber nachdem wir bewiesen haben, dass wir hochprofessionell sind, öffnet uns das ja vielleicht neue Türen. Ich bin inzwischen wirklich Experte für Flughäfen.“

Tatsächlich wurden von ihm aber auch zahlreiche Büro- und Verwaltungsgebäude entworfen. Die ersten Arbeiten betrafen die Stores des Modedesigners Issey Miyake.

Später entwarf Chippendale von Einzelhandel genutzte Bauwerke wie das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck sowie zahlreiche Wohngebäude. 2013 wurde sogar der Friedhofs San Michele de Isola bei Venedig nach Entwürfen von David Chipperfield erweitert.

Lehrtätigkeit

Er wurde als Gastprofessor an mehreren Universitäten tätig, darunter 1987/88 als Visiting Lecturer an der Graduate School of Design (GSD) der Harvard University, von 1995 bis 2001 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und 2001 am Mies van der Rohe-Lehrstuhl der Escola Tècnica Superior d´Arquitectura in Barcelona.

 

Werke (Auswahl)

1985: Issey-Miyake-Geschäft, Kensington und Chelsea, Großbritannien

1986: Equipment-Shop, Paris, Frankreich

1987: Arnolfini Art Centre, Bristol, Großbritannien

1989: Equipment-Shop, Minatu-ku, Japan

1989: The Knight House, Richmond upon Thames, Großbritannien

1993: Wohnhaus, London, Großbritannien

1995: Restaurant Wagamama, City of Westminster, Großbritannien

1996: Stadtinformation im Rathaus, München

1996: National Rowing Museum, Henley-on-Thames, Großbritannien

1997: Bürogebäude Kaistraße Studios, Düsseldorf

1997: Diozesanmuseum, Köln

2002: Ernsting Service Center, Coesfeld

2003: Neues Museum, Wiederaufbau, Berlin

2004: Friedrichstraße 126, Sanierung, Erweiterung, Berlin

2004: Figge Art Museum, Davenport, USA

2005: Literaturmuseum der Moderne, Marbach

2005: Hotel Silken Puerto America, Madrid, Spanien

2006: Americas Cup Gebäude Velets e Vents, Valencia, Spanien

2007: BBC Scotland, Glasgow, Großbritannien

2007: Liangzhu Museum, Liangzhu, China

2007: Kunstgalerie am Kupfergraben, Berlin

2007: Empire Riverside Hotel, Hamburg

2007: Rena Lange Headquarter, Lindberghstr. 3, München

2008: Ninetree Village, Hangzhou, China

2008: Ciutat de la Justícia, Barcelona-l'Hospitalet, Spanien

2010: Museum Folkwang, Essen

2010: Kaufhaus Tyrol, Innsbruck, Österreich

2011: Turner Contemporary, Margate, Großbritannien

2011: The Hepworth Wakefield, West Yorkshire, Großbritannien

2012: Gesellschaftshaus Palmengarten, Sanierung, Frankfurt/Main

2013: Friedhof San Michele de Isola, Erweiterung, Venedig, Italien

2013: One Pancras Square, London, Großbritannien

2013: Museo Jumex, Mexico City, Mexiko

2013: Bürogebäude Mongashan Road, Hangshou, China

2013: Killesberg Wohnresidenz, Stuttgart

2013: Bürogebäude Joachimstraße, Berlin

2013: Saint Louis Art Museum, St. Louis, USA

2015: Villa Eden, Gardone am Gardasee, Italien

2017: Carmen Würth Forum
 
2018: James-Simon-Galerie, Museumsinsel, Berlin
 
2019: West Bund Museum, Schanghai, China
 
2020: Kunsthaus Zürich, Zürich, Schweiz
 
2020: Firmenzentrale Jacoby Studios, Paderborn
 
2021: Wohnhochhaus The Bryant, New York, USA
 
2022: Bürogebäude Karl, Maxvorstadt, München
 
in Planung/ im Bau

In Bau: Wohnanlage Kolbergstraße 5 im Herzogpark, München

In Bau: BVK-Firmenzentrale in Bogenhausen, München

In Bau: WaltherPark, Bozen, Italien

In Planung: Signa-Karstadtareal am Hauptbahnhof, München

In Planung: Elbtower, Hamburg

Weitere Informationen:

David Chipperfield Architects: Website der Architekten

sz-magazin: Interview mit David Chipperfield

 

Literatur:

Rik Nys (Hrsg.): David Chipperfield Architects, 2013

 

Bildnachweis: Westfassade des Neuen Museums in Berlin, 2009, Janericloebe; David Chipperfield am 27. August 2012 in Venedig, Bruno Cordioli; Eingangsbereich des wiedereröffneten restaurierten Neuen Museums im März 2009, Lenie Beutler; Bauarbeiten am Literaturarchiv der Moderne in Marbach am Neckar, 2005, Mussklprozz; Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, Vorderseite Maria-Theresien-Straße, 2010, Hafelekar; Frontansicht des Museum Folkwang in Essen, 2010, Julius1990; Ciutat de la Justícia, Barcelona-l'Hospitalet. David Chipperfield Architects, 2008; Figge Art Museum in Davenport, Iowa, Ctjf83; Museo Júmex front, Keizers; Turner Contemporary. Photo Hufton + Crow